90% Pleiten, Pech & Pannen

Das Wochenende hatte eigentlich ganz gut angefangen.

Erstmal die Freude, dass schon wieder Freitagabend war und Anja und ich uns mit einem neuen Au pair in der Stadt auf ein paar Bierchen trafen. Dort habe ich dann erfahren, dass ich mich mit meiner -zwar ein wenig chaotischen, aber doch sehr netten - Familie sehr glücklich schätzen kann. Ok, nach mir wird zwar auch ab und zu mit Essen geworfen oder mir von Vaughn angedroht, er werde mich hauen, aber ich werde von meiner Familie nicht als Putze und auch nicht herablassend behandelt. Mir wird geholfen, wo auch immer man mir helfen kann. Auch wenn es manchmal ein bisschen seine Zeit braucht.

Um 23 Uhr lag ich dann im Bett, nachdem ich mir gefühlt die nächste Lungenentzündung während der Busfahrt geholt hatte.

Samstag"morgen" wurde ich dann von Anja nach einer Stunde Umweg durch ihr doofes Auto Navi eingesammelt. Normalerweise braucht man von Anja bis zu mir ca 25 Minuten, wenn kein Stau ist. Schon das hätte uns eigentlich zu denken geben müssen.

Auf gings in die Nationalparks. Geplant war, zuerst zum Springbrook zu fahren und am nächsten Tag zum Lamington. 100km Autofahrt, schnell zu schaffen, doch vorher noch schnell zum Aldi Verpflegung für beide Tage kaufen. Dann sollte es losgehen. Auch auf die Autobahn führt uns das Navi über eine sehr seltsame Route. Auch da hätten wir besser stutzig werden sollen. Nach einer gefühlten Ewigkeit sind wir dann wirklich auf dem Weg Richtung Regenwald.

Ohne Umwege - zugegeben mit einem kleinen Umweg führt uns das Navi ohne weitere Probleme zum Springbrook Nationalpark. Wir sind erst fünf Minuten unterwegs, fängt es an zu regnen. Aber Tropfen so groß wie Untertassen. Gut, dass wir erst 5 Minuten gegangen waren, denn unsere Regenjacken lagen natürlich noch im Auto. Ein paar Minuten in einem riesigen Baum gewartet bis das schlimmste vorbei war, dann noch schnell die Regenjacken aus dem Auto geholt.

Nach kurzer Zeit war der Regen aber eh wieder vorbei und die Regenjacken wurden in den Rucksack gestopft, den ich mir von Mark geliehen hatte.

Der 6km Rundweg lässt uns richtig schöne Aussichten genießen. Faszinierend. Am Grund des Wasserfalls hätte man auch schwimmen gehen können. Leider war es dafür dann doch ein bisschen frisch.

Durch die paar Umwege und den Aldi Besuch war es dann doch später als gedacht, als wir nach den 6km wieder am Auto ankamen. Aber wir haben gute Laune und es ist erst 16:45  Uhr, wir möchten noch mehr sehen. Notfalls auch im Dunkeln.

Unser Plan: Noch zur Natural Bridge fahren - eine Brücke, die durch den Regen geformt wurde - dann zum Campingplatz fahren, der an der anderen Seite des Lamington Nationalparks liegt, schlafen und sonntags dann den Lamington Nationalpark durchwandern.

Kurz zur Erläuterung: Springbrook und Lamington liegen nicht weit voneinander entfernt, also "nicht weit" für australische Verhältnisse und da der Lamington Nationalpark um einiges größer ist als Springbrook, wollten wir uns den größeren für Sonntag aufsparen.

So weit, so gut. Noch.

Auf dem Weg zur Natural Bridge wurde es dann dunkel. Die Himmelsschleusen hatten sich inzwischen auch schon wieder geöffnet und es regnete. Dazu kam Blitz und Donner. Donner ist nicht schlimm, aber Blitze kann man mehr genießen, wenn man Zuhause eingemummelt unter der Bettdecke liegt. 

Wir kommen am Parkplatz der Natural Bridge an, ich schätze es war 18:15. Kein Licht. Stockdunkel. Absolut nichts beleuchtet. Es schüttet - riesige Tropfen.

Wir wollen die Bridge trotzdem sehen. Zum Glück hat das neue iPhone eine integrierte kleine Taschenlampe. Wir laufen eingehakt beieinander einen kleinen Pfad entlang. Es blitzt. Riesige komische Springviecher von Insekten teilen sich mit uns den Weg.

Dunkel. Blitz. Dunkel. Treppen runter. Noch mehr Treppen runter. Man wo ist die Bridge denn jetzt?

Wir stehen hier nur vor einer Holzbrücke, die eindeutig von Menschenhand geschaffen ist, mit einem Tor, an dem ein Schild hängt, auf dem steht: Gefahr bei extremen Wetterbedingungen!

Es blitzt und donnert.

Okeee, meine Taschenlampe reicht nicht mal aus, um das Ende der Holzbrücke zu beleuchten. Man merkt viel Wasser von oben und unter uns scheint auch ein reißender Fluss sich seinen Weg zu bahnen. 

Wir entscheiden uns dafür, die Brigde dann doch nicht mehr sehen zu wollen. So toll kann die gar nicht aussehen. Wir drehen um und laufen schnellen Schrittes zurück zum Auto. Geschafft. So, jetzt zum Campingplatz. Das Navi sagt 100km. Was? So weit? Ja, gut, ist ja noch früh, schaffen wir.

Auf dem Weg aus dem ersten Nationalpark raus flitzen vor unserem Auto mehrere Wallabies über die Straße. Keine Chance ein Foto zu schießen. Aber sehr niedlich, die Dinger.

100km können ziemlich lang sein, wenn es durchgehend nur solche Straßen gibt, wie bei uns in der Eifel, nur nicht ganz so gut asphaltiert.

100km können noch viel länger werden, wenn das Navi uns in eine Sackgasse schickt, die 17km lang ist und mit einem Feldweg endet, der ganz deutlich nicht nach einer befahrbaren Straße für unsere Art Auto aussieht. Die Laune ist kurz vor dem Nullpunkt und wir schwankt zwischen leichter Aggressivität und Nervenkollaps. Rundherum nur Dunkelheit. Die Frontlichter des Autos beleuchten gerade mal 2 Meter Straße. Obwohl man das eigentlich nicht mehr Straße nennen konnte. Sicht  zur Seite: Null. Nach hinten raus, ebenso.

Dazu kommt noch, dass mein Handy mir immer wieder mitteilt, dass es keinen Empfang hat und ein Auto, dass nicht mehr weit kommt, wenn der Tank nicht schleunigst wieder aufgefüllt wird. 

Top, beste Ausgangslage würde ich sagen.

Weiterer Gefahrenpunkt: Kühe, die einem aus der Dunkelheit vors Auto springen. Alles in allem, hätte man denken können, dass unsere Laune nicht mehr schlechter hätte werden können.

Was also machen? Erstmal drehen - schön langsam, nicht, dass wir noch stecken bleiben - und 17km zurück, vielleicht habe ich da ja wieder Netz und kann mal auf Maps schauen, wo wir gerade sind.

Denn unser Navi scheint es auch nicht zu wissen, nachdem es uns immer noch anzeigt, dass wir richtig sind, obwohl wir gedreht haben. Ein paar Kilometer in irgendeine Richtung entfernt von der Sackgasse, dann endlich Handyempfang. Gott sei Dank!

Google Maps sagt: Irgendwo im Nirgendwo. Mist!

Irgendwann schaffen wir es dann doch noch mit dem Rest des Sprits in den nächsten kleineren Ort. Erstmal googlen wir nach einer noch geöffneten Tankstelle. Denn hier scheint am Wochenende um 20:45 Uhr schon alles zu schlafen.

Google findet eine 24 Stunden geöffnete Tankstelle am Ende des Orts. Was haben die Menschen bloß früher ohne Internet gemacht? Wir fahren zur Tankstelle. Tankstelle zu. Ah da brennt ein kleines Licht über einem Automaten. Das gucken wir uns mal an. Hier soll man seine Bankkarte rein schieben, sagen, für wie viel Geld man tanken möchte und schon kann man tanken. 

Wir also Anjas Karte benutzt. Wir möchten für $20 tanken. "Ihr Geld wurde abgebucht. Sie können nun tanken." Nur kommt kein Sprit aus der Zapfsäule. Nochmal alles durchgelesen. Nein, wir sind nicht zu doof, haben alles richtig gemacht. Noch ein Versuch. Klappt nicht, Sprit möchte nicht fließen. Die Zapfsäule ist wie tot. 

Anjas $20 weg. So viel Pech kann man doch nicht haben. Ah, doch ich vergaß: Wir schon!

Ich darf Anja zu dieser Situation noch einmal zitieren: "Das war der absolute Tiefpunkt!". Hier waren wir der Hysterie schon sehr nahe...

Alternativplan: Erstmal ne Pommes beim 24 Stunden Mäcces holen und pinkeln. Dann stellen wir uns noch ein bisschen auf einen Parkplatz, der nicht ganz so hell beleuchtet ist. Anja möchte noch die Ravioli auf dem Gasherd warm machen. Ihr dürft raten, ob der Gasherd funktioniert hat, bei dem Glück, was wir hatten.

Halbe Stunde später stellt sich die Frage, wo wir schlafen. Weit kommen wir mit unserem Tank nicht mehr. Das heißt, bis eine richtige Tankstelle öffnet, bei der es auch Sprit gibt und einem nicht nur das Geld aus der Tasche gezogen wird, müssen wir campieren. Super, wieder illegal. Ist ja nicht so, als ob wir nicht schon letzte Woche erwischt worden wären. Schöne Scheiße.

Wir fahren in die Wohnsiedlung, um einen geeigneten Platz zu finden. Warum sind hier eigentlich alle Straßen so breit und warum steht hier kaum ein Auto am Straßenrand? Nachdem wir dann den ganzen Ort einmal durchfahren sind, entscheiden wir uns für die beste der nicht geeigneten Stellen.

Wecker auf 3:40 Uhr gestellt, damit wir bloß nicht erwischt werden. An Schlaf war aber eh kaum zu denken. Nach Träumen von Duschen und Ameisen und 10 maligem Aufschrecken durch vorbei fahrende Autos ging es dann gegen 4 Uhr morgens wieder zum 24 Stunden Mäcces, um auf Klo zu gehen und Zähne zu putzen.

Wir stehen vor der Tür. Nichts öffnet sich. Auch sim salabim hilft nicht. Und da stehts: Von wegen 24 Stunden geöffnet. Macht erst wieder um 5:30 Uhr auf. Nur der Drive Thru hat 24 Stunden geöffnet. Aber da können wir schlecht auf Klo gehen.

Also erstmal wieder auf den Parkplatz, auf dem wir abends schon standen und warten bis Mäcces aufmacht.

Neuer Tag, neues Glück! - könnte man meinen.

Noch ein bisschen verschlafen geht es dann um 6 Uhr wieder zu Mäcces Zähneputzen, auf Klo und einen Kakao gab es auch noch für mich. Außerdem fragen wir die nette Kassiererin, ob es um die Uhrzeit schon eine Tankstelle gibt, die geöffnet hat. 

"Ihr braucht nur Sprit?", "Ja", "Dann könnt ihr auch zu der hier vorne fahren, da kann man am Automaten zahlen", "Besten Dank für den Tipp. Das haben wir auch schon versucht - mit ehr mäßigem Erfolg!"

Sie konnte uns dann noch eine andere sagen mit richtigen Menschen und ohne Automaten. Wir sind dann nochmal zur Abzocke-Tankstelle vom Abend zuvor, in der Hoffnung, dass man im Hellen vielleicht schlauer werden würde, wenn man mehr sieht. War leider nicht der Fall. Anjas Geld blieb verschluckt.

Wäre ja auch zu schön gewesen. Hätten wir ja mal Glück gehabt. Aber stimmt, so was haben wir nicht.

Ab zur anderen Tankstelle, da direkt mal voll getankt. Sicher ist sicher, wer weiß, was noch alles passiert.  Leicht klebrig und pappig - da auch keine Dusche in der Nähe - fuhren wir mit dem Auto und diesmal google maps in Richtung Lamington Nationalpark. Google sagt 63km, ein Klacks für uns Vollprofis, die gerne viel Zeit im Auto verbringen. Nach 33km noch die letzte Abbiegung nehmen und dann sagt das Navi: Nur noch gerade aus. Aber auch 30km können noch eine Herausforderung sein, wenn die Straße oft nur so breit ist, dass nur anderthalb Autos nebeneinander passen, einem Autos entgegen kommen und man auf der einen Seite die Aussicht in eine Schlucht hat.

Links, recht, Blind Curve, die Straße verengt sich auf eine Spur. Prepare to stop! Schwierig, wenn andere Autos einem mit 70kmh um die Kurve entgegen kommen.

Am Straßenrand sehen wir ein Wallaby - nein, sogar zwei. Halt stopp, nicht weglaufen, wir wollen Fotos von euch machen. Zu spät. Okay, vielleicht nächstes Mal. Nach dem sechsten Wallaby, dass schneller weg gesprungen war, als wir die Fensterscheiben runter kurbeln konnten, haben sich dann zwei Wallabies gnädig gezeigt und sich von uns fotografieren lassen.

Je weiter es nach oben geht, desto dunkler, grüner und nebliger wird es. Man sieht verschlungene Bäume am Straßenrand, Lianen hängen herunter. Ein bisschen wie bei Tarzan und Jane. Nur ein wenig schlechteres Wetter.

Oben angekommen, sehen wir ein Schild: Parkplatz Tagesbesucher. Wir scheinen schon mal richtig zu sein. Danke google maps. Nur der Regen möchte einfach nicht weniger werden. Anja möchte noch einmal ihren Gaskocher ausprobieren und hat dieses Mal Glück. Es funktioniert. Welch ein Segen, warme Ravioli. Wie schon gesagt, neuer Tag, neues Glück. Noch nicht verfahren, der Gaskocher funktioniert. Besser kann es gar nicht laufen. Wenn dieser blöde Regen nur nicht immer shclimmer werden würde. Natürlich sind wir nicht aus Zucker, aber es wäre schon schön, vor Wassermassen nicht weg zu schwimmen, wenn man eine Tour wählt, die man gehen möchte.

Wo müssen wir eigentlich lang? Wir sehen nirgendwo ein Info Schild. Ah, doch hier, ein kleines: "Access track to (...) Spa". Also ein Spa würde ich bei dem Wetter auch vorziehen, mein Geldbeutel schüttelt sich aber ganz heftig und damit ist die Diskussion auch schon beendet. Ist wahrscheinlich eh nur für Hotelgäste. 

So überlegen wir, was wir nun machen sollen und entscheiden uns, den Regen erstmal aus dem Inneren des Campervans zu beobachten. Anja liegend in Fleecejacke und schön eingekuschelt, nachdem sie sich noch ordentlich den Schädel am Dach des Autos gestoßen hat und ich Notizen machend, damit der Blogeintrag dieses Mal nicht wieder in Verzögerung gerät.

Falls der Regen im Regenwald nicht besser werden sollte, werden wir uns wieder auf den Rückweg machen und an einem anderen Tag noch einmal aufkreuzen, um die noch nicht gefundenen Wanderwege zu erkunden.

Im Endeffekt standen wir von viertel nach 8 bis fast halb 11 auf dem Parkplatz und der Regen wurde nicht besser. Das Glück mag uns halt nicht.

Anja ertastet eine Beule am Kopf, sagt aber das Autofahren schon klappt. Übermüdet, klebrig und stinkend, aber wenigstens trocken und nicht hungrig, machen wir uns auf den Rückweg. Welch Wunder, diesmal ganz ohne Pannen.

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Kommentare: 1
  • #1

    Rieke (Dienstag, 12 Mai 2015 19:42)

    Die Kängurus sind ja wirklich entzückend. Die würde ich glatt mit nach Hause nehmen.